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Alle Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, da einige Studien bereits einige Jahrzehnte alt sind und somit womöglich nicht die aktuelle Situation wiederspiegeln, nicht Deutschland-spezifisch oder nur Schätzungen sind.
Statistiken zu Frauen in der Prostitution
Wie viele Freier gibt es in Deutschland?
Schätzungen zufolge kaufen täglich 1,2 Millionen Männer sexuellen Zugang zu einer prostituierten Person, meist einer Frau. Circa jeder 10. bis 5. deutsche Mann kauft mindestens 1 Mal in seinem Leben sexuellen Zugang zu einer prostituierten Frau oder einem prostituierten Mann. Daueraktive Freier zahlen für sexuellen Zugang pro Jahr circa einmal pro Monat (ACHTUNG: Webseite beinhaltet Pornographie.).
Was ist das Profil eines Freiers?
Der durchschnittliche Freier ist etwas jünger als der durchschnittliche deutsche Mann, aber Männer jeden Alters beteiligen sich am Prostitutionskonsum (S. 4 bzw. 356).
Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Freier ist in einer festen Beziehung oder verheiratet. (S. 4 bzw. 356; Quelle 2, S. 10 bzw. 9; Quelle 3, S. 9; Quelle 4, S. 15 bzw. 13). Viele, inklusive Freier, die aktuell Single sind, geben außerdem eine hohe Zahl vergangener Sexpartner an (S. 9).
Jede Gesellschaftsschicht, mit und ohne Migrationshintergrund, jedes Bildungsniveau, jedes Gewerbe ist unter Freiern vertreten. Allerdings ist regelmäßiger Prostitutionskonsum auch eine Frage des Geldes, weshalb Männer mit Abitur und weiteren akademischen Abschlüssen überrepräsentiert sind (S. 4 bzw. 357).
Eine Studie von 2018 stellte fest, das Preise in Ländern mit legaler Prostitution im weltweiten Vergleich am niedrigsten sind. (Quelle: Lee, Julak. „Determinants of Johns’ Decision Making: An analysis of a Sex Tourism Web Forum.“ Advances in Social Sciences Research Journal 5.6 (2018). Online nicht einsehbar.) Weltweit ist Deutschland für seine niedrigen Preise berüchtigt, trotzdem wird mit der deutschen Sex-Industrie pro Jahr c. 14.6 Millarden Euro Umsatz gemacht (S. 2).
Pro Jahr geben daueraktive Freier vierstellige Beträge von c. 1000-4000 Euro aus zum Zweck der Prostitutionsnutzung aus (Umfrage wurde aus dem Lusthaus Forum gelöscht, hier ist ein Screenshot der Umfrage von 2018):
Freier haben verschiedenste politische und religiöse Überzeugungen, allerdings sind politisch Rechte womöglich überrepräsentiert (Quelle 2, Quelle 3):
Hier der Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung mit den Zahlen der Bundestagswahl 2017:
Wie sehen Freier nicht-prostituierte Frauen?
Freier sind im Vergleich zur männlichen Restbevölkerung überdurchschnittlich starke Porno-Konsumenten, häufiger in Strip-Clubs anzutreffen und glauben öfter an Vergewaltigungsmythen (S. 21). In einer Studie gab jeder 2. Freier an, sich auch seinen nicht-prostituierten SexpartnerInnen gegenüber sexuell aggressiv zu verhalten (S. 36), und in einer weiteren gaben 2 von 5 an, bereits eine oder mehrere nicht-prostituierte Frauen durch Lügen oder Druck zum Sex gedrängt zu haben (S. 13). Eine Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, welches sechs verschiedene Länder untersuchte, fand heraus, dass Sexualstraftäter überdurchschnittlich oft auch Freier sind (S. 13 bzw. 15).
Laut einer britischen Studie sind Freier im Vergleich zu Nicht-Freiern eher damit einverstanden, wenn die eigene Tochter prostituiert wird. 23% fänden es demnach akzeptabel, wenn ihre Tochter anschaffen würde, während unter Nicht-Freiern nur 11% diese Meinung teilen (S. 21 bzw. 19).
Freier in festen Partnerschaften geben ihre Beweggründe zum Sexkauf wie folgt an: 50% nutzen die Prostitution zum Zweck der Abwechslung. 30% nutzen sie, weil die eigene Partnerin „nicht oft genug“ Lust auf sie hat (ACHTUNG: Webseite beinhaltet Pornographie.). In einer deutschen Studie berichteten 50% der Freier mit PartnerInnen von ungeschütztem außerpartnerschaftlichem Geschlechtsverkehr.
Wie sehen Freier prostituierte Frauen?
In britischen Studien gab jeder 3. bis 4. Freier an, dass nach der Bezahlung dem Freier jede sexuelle Praktik auf Aufruf zur Verfügung zu stehen hat (S. 13; weitere Quelle, S. 20 bzw. 18). Einer von 4 drückt aus, dass man prostituierte Frauen gar nicht vergewaltigen könne, da sie keine sexuellen Grenzen besäßen und jederzeit mit jedermann für Sex bereit wären (S. 13).
Zahlreiche Freier fetischisieren beim Sexkauf Frauen bestimmter Ethnizitäten; besonders beliebt sind Frauen aus Schwellenländern, wie Studien (S. 18/20) und Umfragen auf Freierforen zeigen (Quelle 1, Quelle 2, Quelle 3 ACHTUNG: Webseiten beinhalten Pornographie.):
Außerdem bevorzugen Freier es tendenziell sich in der Prostitution Zugang zu jungen bzw. deutlich jüngeren Frauen zu erkaufen. (ACHTUNG: Webseite beinhaltet Pornographie.) Laut einer kanadischen Studien suchen mindestens 15% von Freiern in der Sex-Industrie nach Zugang zu Minderjährigen.
In einer britischen Studie gab circa jeder 2. befragte Freier an, davon überzeugt zu sein, dass die prostituierte Frau beim Sex auch Spaß habe (S. 19). In einer amerikanischen Studie zum Erleben des sexuellen Kontakts mit Freiern sprachen 9 von 10 prostituierten Frauen von Abneigung, Ekel und Angst. In einer Studie des Bundesfamilienministeriums berichteten 78% der befragten prostituierten Frauen von Angst vor Freiern (S. 56 bzw. 520).
Wie viel und was für Gewalt geht von Freiern aus?
Eine Studie des Bundesfamilienministeriums kam 2004 zu folgenden Schlüssen über die erlebte Gewalt in der Prostitution, wobei Freier als signifikante Tätergruppe identifiziert wurden (S. 67 bzw. 531):
Personen aus dem Arbeitsumfeld wurden in der Umfrage konkret als Zuhälter und Freier benannt – bei sexueller Gewalt am Arbeitsplatz waren Freier die am häufigsten benannte Gruppe (S. 43 bzw. 507). ForscherInnen der Studie merkten an, dass auch die Gruppen „flüchtige Bekannte“ oder „unbekannte Personen“ Freier umfassen könnte (S. 41 bzw. 505). In der Wahrnehmung prostituierter Frauen werden Freier und insbesondere Zuhälter oft auch als Freund, Familie oder Partner eingestuft (S. 60 bzw. 524).
40% der befragten prostituierten Frauen gab an, bereits mindestens einmal Opfer eines Raubüberfalls geworden zu sein – davon hatten 38% einen Raubüberfall im Kontext der Prostitution erlebt (S. 57 bzw. 521). 35% hatten mindestens einmal erlebt, für längere Zeit eingesperrt oder gefesselt worden zu sein, 39% davon im Zusammenhang mit Prostitution (S. 57 bzw. 521). Insgesamt wurden im Vergleich zu der weiblichen Durchschnittsbevölkerung fast sechsmal so häufig Personen aus dem Arbeitsumfeld und doppelt so häufig unbekannte Personen als Täter benannt (S. 42 bzw. 506).
Mehr Informationen zu den Formen physischer, sexueller und psychischer Gewalt gegen Frauen in der deutschen Prostitution gibt es hier.
International wird geschätzt, dass prostituierte Frauen circa 18-Mal so häufig ermordet werden, wie die weibliche Durchschnittsbevölkerung und die Mordtat in der Regel in Verbindung mit der Prostitution steht. Damit hat Prostitution eine höhere Mordrate als jeder reguläre Beruf. Eine Untersuchung der Mordfälle an prostituierten Frauen in Deutschland verweist auf Freier als primäre Tätergruppe (mehr als die Hälfte aller hier erfassten Fälle) – international ergibt sich ein ähnliches Bild (Quelle 2). Eine eigene Auswertung der eben verlinkten Fälle aus Deutschland kam zu folgendem Ergebnis (hier wurden Täter, die sowohl Partner als auch Freier oder Zuhälter waren, als Freier oder Zuhälter anstatt als Partner einsortiert):
Was sind die Konsequenzen von Freiergewalt?
Siehe Statistiken zu Frauen in der Prostitution
Wie bewusst sind sich Freier ihrer Taten?
In einer britischen Studie über Freier gaben 2 von 5 Männern zu, sich über die körperlichen und psychischen Folgen der Prostitution im Klaren zu sein (S. 14). Etwa die Hälfte aller Freier gibt in Studien zu, über Zwänge und Zuhälterei im Rotlicht-Milieu Bescheid zu wissen (S. 230-233, hier S. 16) und etwa dieselbe Prozentzahl gibt an, Fälle von Menschenhandel zu melden. Allerdings werden letztere Selbstaussagen von den WissenschaftlerInnen der zugehörigen Studie angezweifelt (S. 24), die darauf verweisen, dass zwischen Selbstdarstellung und tatsächlichem Handeln – gerade bei ethischen Fragen – oft eine Diskrepanz bestehe. Ebenfalls etwa die Hälfte aller Freier gibt in Studien an, sich bereits Zugang zu einer Frau erkauft zu haben, im vollen Bewusstsein, dass sie unter Kontrolle eines Zuhälters stand (S. 15).
Was würde Freier vom Sexkauf abhalten?
In Studien geben Freiern an, dass sie folgende Konsequenzen vom Sexkauf abbringen würden (Quelle, S. 22):
Eine Möglichkeit zur Reduzierung des Ausmaßes der Prostitution und des damit einhergehenden Menschenhandels bietet das Nordische Modell: Ein Prostitutionspolitik-Ansatz, der 1999 das erste Mal in Schweden eingeführt wurde. Seine Hauptbestandteile sind:
- die Entkriminalisierung aller prostituierten Frauen, Männer und Transpersonen
- die Schaffung von Ausstiegsprogrammen und Alternativen für Menschen in der Prostitution
- Präventionsprogramme, die das Bewusstsein für sexuelle Ausbeutung und ein Verständnis für egalitäre Sexualität fördern
- die Kriminalisierung von Zuhälterei und Sexkauf, sprich von Freiern
Schweden hatte inzwischen 18 Jahre Zeit, die Ergebnisse dieses legislativen Ansatzes zu überprüfen und die Resultate stimmen optimistisch: Die geschätzte Zahl der prostituierten Menschen in Schweden hat sich um fast zwei Drittel reduziert (von 2500-3000 in 1995 auf circa. 600-1000 in 2008, S. 458ff ). In den Nachbarländern Dänemark und Norwegen verdreifachte sich die Zahl zur selben Zeit (S. 226). Jährlich werden inzwischen etwa 400 Freier festgenommen und zahlen Strafe (S. 4). 1996 gaben 13.6% aller schwedischen Männer an, mindestens einmal eine prostituierte Frau gekauft zu haben, 2008 waren es nur noch 7.9%, 2014 waren es 7.5% (Quelle: Netscher, Amanda & Mujaj, Endrit. “Prostitution in Sweden 2014: The Extent and Development of Prostitution in Sweden.” Länsstyrelsen Stockholm. S. 24. 2014. Online nicht einsehbar).
Die Gesetzgebung findet inzwischen breite Unterstützung in der Bevölkerung:
Schweden folgten in den letzten 10 Jahren folgende Länder mit ähnlichen Gesetzen: Norwegen (2008), Island (2009), Kanada (2014), Nordirland (2015), Frankreich (2016), Irland (2017) und Israel (2018). Spanien arbeitet an einem ähnlichen Gesetzentwurf.